/WebPortal_Relaunch/Service/mediathek_neu

Weltkugel
© panthermedia.net / James Steidl

Internationale Rechtsvorschriften

Eine Datenbank der Justiz Nordrhein-Westfalen
Die internationalen Rechtsvorschriften in einer Datenbanklösung mit komfortabler Volltextsuche.

 Allgemeine Einführung in die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen



1         Begriff der Rechtshilfe in Zivil- oder Handelssachen

Die internationale Rechtshilfe in Zivil- oder Handelssachen ist ein Instrument zur gerichtlichen Regelung von Ansprüchen aus internationalen Rechtsbeziehungen. Völkerrechtlich endet die Staatsgewalt und damit auch die Gerichtsgewalt an den jeweiligen Staatsgrenzen. Kein Staat ist befugt, gerichtliche Handlungen jedweder Art auf fremdem Hoheitsgebiet vorzunehmen.
 
Unter dem Begriff der Rechtshilfe in Zivil- oder Handelssachen ist jede gerichtliche beziehungsweise behördliche Handlung zu verstehen, die auf der Grundlage eines entsprechenden Ersuchens zur Einleitung, Durchführung oder Förderung eines inländischen Verfahrens im Ausland oder eines ausländischen Verfahrens im Inland durchgeführt wird.
 
Durch die Leistung von Rechtshilfe wird die fremde Staatsgewalt auf das eigene Staatsgebiet ausgedehnt. Die Gewährung von Rechtshilfe ist deshalb nur zulässig 
  • aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union (Unionsrechtsakte),
  • aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen und
  • im vertraglosen Rechtshilfeverkehr aufgrund gegenseitigen Entgegenkommens („Gegenseitigkeit“). 
In diesem Rahmen dulden die am internationalen Rechtshilfeverkehr beteiligten Staaten den Eingriff in ihre Hoheitsrechte. Aufgabe der Gerichte und der zuständigen Bundes- und obersten Landesbehörden ist es, sicherzustellen, dass bei der Erledigung ausgehender und eingehender Rechtshilfeersuchen die jeweiligen unions- beziehungsweise völkerrechtlichen Vorgaben (vertraglicher Rechtshilfeverkehr) oder vertraglosen Vorgaben (vertragloser Rechtshilfeverkehr) - insbesondere auch in förmlicher Hinsicht - beachtet werden. Die wichtigsten Regelungen zum Rechtshilfeverkehr in Zivil- oder Handelssachen sind in der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) zusammengefasst. Die ZRHO ist eine vom Bund und den Ländern erlassene Verwaltungsvorschrift. Sie ist für die Abwicklung des Rechtshilfeverkehrs bindend und verletzt – als Verwaltungshandeln – auch nicht die richterliche Unabhängigkeit (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 1983 - RiZ (R) 2/83 -, NJW 1983, 2769).
 

2         Gegenstand der Rechtshilfe in Zivil- oder Handelssachen

Ob eine Angelegenheit eine Zivil- oder Handelssache betrifft, richtet sich nach dem Gegenstand des jeweiligen Verfahrens. Maßgebend ist dabei nicht allein, bei welchem Gericht oder bei welcher Behörde das Verfahren anhängig ist. Entscheidend ist vor allem, ob die Angelegenheit das Bestehen oder Nichtbestehen privater Rechte und Rechtsverhältnisse gleichgeordneter Parteien zum Gegenstand hat und deshalb dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist. Die Rechtshilfe in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten umfasst somit nicht nur die streitige, sondern auch die freiwillige Gerichtsbarkeit und die Arbeitsgerichtsbarkeit. In arbeitsgerichtlichen Angelegenheiten wird Rechtshilfe nach Maßgabe der gemeinsamen Anordnung für den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland auf dem Gebiet der Arbeitsgerichtsbarkeit geleistet. Nicht als Zivil- oder Handelssache anzusehen sind regelmäßig straf-, verwaltungs-, sozial- und finanzrechtliche Angelegenheiten.
 

3         Grundlagen des Rechtshilfeverkehrs
 
3.1       Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird der Rechtshilfeverkehr weitgehend durch das Recht der Europäischen Union geregelt, das in aller Regel völkerrechtlichen Vereinbarungen vorgeht. Die in der Praxis wichtigsten Unionsrechtsakte und völkerrechtlichen Vereinbarungen sind in § 3 Absatz 2 aufgeführt.
 
3.2      Vertragloser Rechtshilfeverkehr
 
Für die Frage der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens auf vertragloser Grundlage ist in der Regel der Grundsatz der Gegenseitigkeit maßgebend. Dieser Grundsatz besagt, dass in vergleichbaren Fällen auch der ersuchende Staat dem ersuchten Staat gegenüber zur Leistung von Rechtshilfe bereit ist. Die Erledigung solcher Rechtshilfeersuchen richtet sich nach dem Recht des ersuchten Staates (siehe Länderteil).
 

4         Arten von Ersuchen
 
Unterschieden werden nach § 5 folgende Arten von Ersuchen:

  • Zustellungsanträge,
  • Ersuchen um Beweisaufnahme oder andere gerichtliche Handlungen,
  • Ersuchen um Vollstreckungshilfe
  • Ersuchen um Verfahrensüberleitung
  • Ersuchen um Verfahrenshilfe und
  • Ersuchen um Rechtsauskunft.

Für eine Zustellung in einen anderen Staat bedarf es dann keines Zustellungsantrags, wenn eine Postzustellung zulässig ist.


5         Übermittlungswege im Rechtshilfeverkehr

Für die Übermittlung von Ersuchen kommt der unmittelbare Verkehr, der konsularische Weg, in besonderen Fällen der ministerielle Beförderungsweg und der diplomatische Weg in Betracht (§ 6). Auf welchem Weg die Ersuchen im Einzelfall zu übermitteln sind, ergibt sich aus dem Länderteil.

6         Zuständigkeiten in Rechtshilfeangelegenheiten

Die Gerichte sowie die zuständigen Bundes- und obersten Landesbehörden leisten zur Förderung eines inländischen Verfahrens im Ausland oder zur Förderung eines ausländischen Verfahrens im Inland entsprechend den Anordnungen dieser Verwaltungsvorschrift Rechtshilfe, soweit nicht durch andere rechtliche Grundlagen Abweichendes bestimmt ist.

Das Bundesamt für Justiz erteilt in Fragen der internationalen Rechtshilfe in Zivil- oder Handelssachen Auskunft und bemüht sich bei auftretenden Problemen im Kontakt mit den zuständigen Stellen im Ausland um eine Lösung im Vermittlungswege. Das Bundesamt für Justiz ist zudem in bestimmten Rechtshilfefällen zuständig oder zu beteiligen.

Für die Belange der Zentralen Behörden in Kindschaftsangelegenheiten, betreffend Auslandsunterhalt und Auslandsadoption, ist die Zuständigkeit des Bundesamts für Justiz gegeben. 

7         Nützliche Internet-Adressen zur justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen

Eine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit, Qualität und jederzeitige Verfügbarkeit der auf den genannten Internetseiten bereitgestellten Informationen wird nicht übernommen.

7.1       Europäische Union
 
7.1.1    Europäisches Justizportal

Das Europäische Justizportal informiert unter https://e-justice.europa.eu/home?action=home&plang=de zu den Themen Recht, Rechtsprechung, Justiz, Gerichtsverfahren und Register für alle Mitgliedstaaten der EU. Es ist zentraler Einstiegs- und Informationsort sowie Zugangsseite zum Europäischen Gerichtsatlas (https://e-justice.europa.eu/321/DE/european_judicial_atlas_in_civil_matters), zu den in EU-Rechtsakten vorgeschriebenen Formblättern (https://e-justice.europa.eu/155/DE/online_forms) und vielen anderen Datenbanken.

7.1.2    EU-Informationsseiten

Für das Unionsrecht, die Rechtsprechung der Unionsgerichte und rechtspolitische Entwicklungen wird zudem auf nachfolgende Informationsangebote verwiesen:

Recht der Europäischen Union: www.eur-lex.europa.eu/homepage.html?locale=de,

Europäischer Gerichtshof: https://curia.europa.eu/jcms/jcms/j_6/de/ und

Europäische Kommission: https://ec.europa.eu/info/index_de

7.2 Europarat

Europarat: http://www.coe.int/de/web/conventions/home.

7.3       Bund und Länder

7.3.1    Bundesamt für Justiz

Das Bundesamt für Justiz bietet unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/InternationaleZusammenarbeit/Zivilsachen/
Rechtshilfe/Rechtshilfe_node.html Informationen zur Rechtshilfe und den aktuellen Text dieser Verwaltungsvorschrift sowie die aktualisierten Länderabschnitte an.

7.3.2    Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen

Das Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen betreut eine Internetseite http://www.ir-online.nrw.de/ mit zahlreichen Informationen zur justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen. In Kooperation mit dem Bundesamt für Justiz werden in diese Datenbank laufend die aktualisierten Länderabschnitte eingestellt.

7.4       Europäisches Justizielles Netz in Zivil- und Handelssachen

Die Informationen auf dem Europäischen Justizportal zum Unionsrecht und zum Recht der Mitgliedstaaten (siehe Nummer 7.1.1) werden weitgehend vom Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen (EJN) erarbeitet (siehe https://e-justice.europa.eu/21/DE/european_judicial_network_in_civil_and_commercial_matters).

Informationen der Bundeskontaktstelle im Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen im Bundesamt für Justiz sind unter https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/InternationaleZusammenarbeit/Zivilsachen/
Rechtshilfe/Rechtshilfe_node.html
 abrufbar. Hier sind auch die Kontaktdaten der deutschen EJN-Familienrichterinnen und -richter abrufbar, die in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten und Kindesentführungsfällen in der Europäischen Union als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Ebenso finden sich hier die Kontaktdaten der deutschen Verbindungsrichterinnen und -richter, die als Mitglieder des Richternetzwerks der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Weiterhin finden sich hier Links zu den weiteren deutschen Mitgliedern im EJN. Siehe zu den deutschen Kontaktstellen auch § 16a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz sowie § 72 dieser Verwaltungsvorschrift.

7.5       Haager Übereinkommen

Der aktuelle Stand der Ratifikationen der im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht geschlossenen Rechtshilfeübereinkommen und nützliche Informationen zu deren Anwendung sowie die Notifikationen der Vertragsstaaten lassen sich der Internetseite www.hcch.net/index_de.php?act=conventions.listing entnehmen. Insbesondere ist unter https://www.hcch.net/de/publications-and-studies/details4/?pid=6557&dtid=65 auch das Muster für Ersuchen nach dem Haager Beweisaufnahmeübereinkommen vom 18. März 1970 abrufbar (siehe auch § 64g und Vordruck ZRH 8). Unter https://www.hcch.net/de/publications-and-studies/details4/?pid=7072&dtid=3 ist zudem das Handbuch zur Durchführung von Videokonferenzen nach dem Haager Beweisaufnahmeübereinkommen vom 18. März 1970 abrufbar.

7.6       Europäisches Rechtsauskunftsübereinkommen

Der Ratifikationsstand des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens ist abrufbar unter www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=062&CM=8&DF=13/01/2015&CL=ENG.

7.7       Deutsches Gerichtsverzeichnis

Im Internet ist eine kostenlose Suche nach deutschen Gerichten möglich unter https://www.justizadressen.nrw.de/de/justiz/suche möglich.

7.8       Deutsche Gesetzestexte

Der nicht amtliche Text deutscher Gesetze findet sich unter www.gesetze-im-internet.de.

Bundesrecht wird inzwischen rein elektronisch auf https://www.recht.bund.de/ verkündet. Im Teil II des digitalen Bundesgesetzblatts finden sich vor allem völkerrechtliche Vereinbarungen sowie damit zusammenhängende Rechtsvorschriften.
 
7.9       Bundesamt für Justiz/Zentrale Behörden
 
7.9.1    Auslandsunterhalt
 
Informationen zur Verordnung (EG) Nr. 4/2009 (EG-Unterhaltsverordnung), zum Haager Übereinkommen von 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen (Haager Unterhaltsübereinkommen vom 23. November 2007), zum Unterhaltsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1956 (VN-Unterhaltsübereinkommen vom 20. Juni 1956) und zum Auslandsunterhaltsgesetz (AUG) sind unter www.bundesjustizamt.de/auslandsunterhalt abrufbar.
 
Formblätter nach der EG-Unterhaltsverordnung sind abrufbar unter
https://e-justice.europa.eu/content_maintenance_obligations_forms-274-de.do.
 
Weitere Antragsformulare sind unter www.bundesjustizamt.de/auslandsunterhalt abrufbar.
 
7.9.2    Auslandsadoption
 
Informationen in Angelegenheiten internationaler Adoptionen sind unter www.bundesjustizamt.de/auslandsadoption.
 

7.9.3    Internationales Sorgerecht

Informationen zur Verordnung (EU) 2019/1111 (Brüssel IIb-Verordnung), zum Haager Kindesentführungsübereinkommen, zum Haager Kinderschutzübereinkommen und zum Europäischen Sorgerechtsübereinkommen sowie Antragsformulare sind abrufbar unter www.bundesjustizamt.de/sorgerecht

7.10       Auswärtige Beziehungen/Internationaler Urkundenverkehr/Rechtspolitik

7.10.1    Auswärtige Beziehungen

Das Auswärtige Amt (AA) bietet in der „Länderliste“ aktuelle Informationen zu ausgehenden Rechtshilfeersuchen unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/konsularinfo/rechtshilfeverkehr.
 
Informationen zu einzelnen deutschen Auslandsvertretungen sind abrufbar unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/deutsche-auslandsvertretungen.
 
Das Verzeichnis der Staatennamen für den amtlichen Gebrauch in der Bundesrepublik Deutschland ist abrufbar unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/terminologie/-/215252.
 
7.10.2 Internationaler Urkundenverkehr
 
Informationen zum internationalen Urkundenverkehr bietet das AA unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/urkunden/2007718. Zum internationalen Urkundenverkehr innerhalb der Europäischen Union finden sich auch auf der Seite des Bundesamt für Justiz unter https://www.bundesjustizamt.de/urkundenverkehr Informationen.
 
7.10.3 Rechtspolitik
 
Das Bundesministerium der Justiz bietet umfangreiche Informationen zu aktuellen rechtspolitischen Themen unter www.bmj.de.